Umfrage zu Lieferketten Problemen infolge der Corona-Krise in der Zeit von März 2020 bis Juli 2020
Um die Probleme der Unternehmen zu kennen und sie noch zielgerichteter beraten zu können, führte die GSL Consulting GmbH eine Umfrage zu infolge der Corona-Krise auftretenden Problemen im Rahmen der Supply Chain durch. Die Antworten lieferten einige interessante Ansatzpunkte.
Transparenz der Lieferketten
Zunächst gibt die Mehrzahl – 60% – an, ihre #Lieferkette nicht genau zu kennen und auch kein Lieferketten-Monitoring zu betreiben. Das ist natürlich fatal, erschwert es doch, rasch auf Störungen, die bei den unbekannten Gliedern auftreten, zu reagieren. Zudem regeln immer mehr Staaten die Verantwortung für Menschenrechtsverletzungen in allen vorhergehenden Gliedern der Lieferkette – Unkenntnis schützt dann nicht vor Strafe (s. hierzu ausführlich unseren Newsletter vom Januar 2019: Zwangsarbeit und Menschenhandel.
Es ist daher wichtig, alle Glieder der Lieferkette zu kennen und ein regelmässiges Monitoring durchzuführen – heute mehr denn je! Die GSL Consulting GmbH berät zu wirksamen Monitoring-Methoden. Lieferantenprobleme während der Pandemie
Nur bei 20% der befragten Unternehmen stellten Lieferanten während der bisherigen Corona-Krise ihre Geschäftstätigkeit ganz ein. Dennoch hatten 60% Probleme, ihre bestellten Artikel (Waren, Ersatzteile, Rohstoffe oder Komponenten für die Produktion) zu erhalten. Es kam also bei unbekannten und entfernteren Lieferanten der Supply Chain häufig zu Schwierigkeiten oder die virusbedingten Probleme beim Transport wirkten sich aus.
Die Antworten zeigen mithin deutlich, dass die langen und nicht im Detail bekannten Lieferketten in einer Krisensituation anfällig sind und auch dann zu Problemen führen, wenn die unmittelbaren Geschäftspartner ihren Betrieb fortführen.
60% hatten mit dem Problem längere Zeit zu kämpfen, während 20% nur einmal und 20% von wiederkehrenden Störungen betroffen waren.
In der Mehrzahl der Fälle erweist sich die Lieferkette, insbesondere, wenn sie lang und unüberschaubar ist, als sensibel: Störungen halten sich oftmals hartnäckig und können beim Endkunden zu grösseren Problemen führen. 40% der Betriebe mussten einen Betriebsteil ganz stilllegen, 40% die Produktion drosseln und nur 20% konnten den Betrieb unverändert weiterführen.
Die Stilllegung des gesamten Betriebes war erfreulicherweise bei keinem der teilnehmenden Unternehmen erforderlich.
60% der Umfrageteilnehmer konnten kurzfristig eine Lösung für das Problem erzielen und die benötigte Ware anderweitig beschaffen – allerdings führt dies oftmals zu hektischen Aktivitäten, die Personal und Management stark belasten und in nicht wenigen Fällen hat die kurzfristige Ersatzbeschaffung zur Folge, dass deutlich höhere Preise bezahlt werden müssen. Rechtliche Aspekte
Da unsere Rechtsordnung grundsätzlich so lange die Erfüllung von Verträgen fordert, wie diese möglich ist und der Wegfall der Kalkulationsgrundlage, ausser in extremen Ausnahmefällen, unbeachtlich bleibt (Kundendienst in Corona-Zeiten – rechtliche Aspekte) kann dies dazu führen, dass Unternehmen gezwungen sind, teure Ersatzbeschaffungen zu tätigen, um Verträge zu erfüllen, die dadurch für sie unwirtschaftlich werden. In Krisenzeiten nicht selten der erste Nagel zum Sarg!
Eine krisensichere Lieferkette verhindert deswegen auch oft Konkurse! Allerdings hatte die Mehrheit der Befragten das Glück, zuschlagsfrei durch die Krise zu kommen. Nur bei 1/5 wurde die bestellte Ware generell teurer und bei 1/5 der Teilnehmenden teilweise teurer. Kommunikation mit den Lieferanten
Ebenfalls positiv: die Kommunikation mit dem Geschäftspartner funktionierte in der Mehrzahl der Fälle. Die Pflicht zur sofortigen Information des Geschäftspartners bei Schwierigkeiten jeder Art ist eine gern übersehene vertragliche Nebenpflicht, die bei dem Betroffenen Schadenersatzansprüche auslösen kann. Da diesem Punkt in der Praxis bisweilen zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird, versäumen es viele Unternehmen, diesen Schadenersatz tatsächlich geltend zu machen. Dies betrifft auch die Fälle (in der Umfrage immerhin bei 20% der beteiligten Unternehmen), dass die Informationen ungenau sind oder zu spät kommen. Erstaunlich ist, dass 60 % der befragten Unternehmen angeben, ihre Rechte und Pflichten in einer solchen Ausnahmesituation nicht zu kennen. Das kann teuer werden, wenn man entweder unnötig Schadenersatz leisten muss oder solchen nicht geltend macht, weil man nicht daran denkt. Gerade wenn das Unternehmen finanziell „auf der Kippe steht“, kann eine hohe Schadenersatzzahlung den letzten Sargnagel bedeuten oder auf der anderen Seite die erfolgreiche Geltendmachung eines Anspruchs die Rettung sein. Die GSL Consulting GmbH kann beurteilen, ob eine Situation Sie zu Schadenersatzansprüchen berechtigt.
Nicht selten war die Kontaktaufnahme mit den Geschäftspartnern auch erschwert, teilweise (in 20 % der Fälle) sogar erheblich. Solche Kommunikationspannen dürfen nicht vorkommen, denn die Infrastruktur (Internet, Fax, Telefon) funktionierte. In solchen Fällen kann man mit Fug und Recht Ansprüche gegen den Geschäftspartner prüfen. Die Mehrzahl der Geschäfts-partner bemühte sich allerdings, auftretende Probleme zu lösen. Versicherungungsschutz
Zu wenig Augenmerk wird auf Versicherungsschutz gelegt: 60% der befragten Unternehmen waren gegen die Risiken nicht versichert, wobei Versicherungslösungen bei Vertragsschluss sehr kritisch geprüft werden müssen. Viele Betriebsschliessungs-Versicherungen wollen coronabedingte Einbussen nicht ersetzen, sei es, weil das neue Virus nicht in den Versicherungsbedingungen aufgelistet ist, staatliche Hilfen angerechnet werden, keine Totalschliessung erfolgte oder die generalpräventive Schliessung nicht anerkannt wird, sondern nur Schliessungen wegen konkreter Krankheitsfälle im Betrieb.
Gerade aus dem Gaststättenbereich sind wegen solcher Gründe zahlreiche Klagen anhängig. Ggf. kann es sich lohnen, derartige Streitigkeiten gerichtshängig zu machen, um nicht die Verjährung bestehender Ansprüche zu riskieren. Allerdings muss diese Frage im jeweiligen Einzelfall und unter Beachtung des konkreten Vertrags geprüft werden.
Zwar kam es bisher nur bei 40% der Befragten zu Änderungen in der Lieferkette; solche Änderungen vorgesehen sind aber bei der Mehrheit der Unternehmen, um nicht mehr von einem oder wenigen Lieferanten abhängig zu sein. Fazit
Die Mehrzahl der Unternehmen haben die ersten Monate mit zusätzlichem Effort und Geld weitgehend gut überstanden. Rechtliche Aspekte, Versicherungsschutz etc. wurde aufgrund der Dringlichkeit verdrängt. Von einem professionellen Krisenmanagement sind die meisten Unternehmen jedoch noch weit entfernt. Die Erfahrungen aus der Schweinegrippe 2009 wurden kaum umgesetzt, um die Supply Chain robuster und agiler zu gestalten. Lesen Sie dazu auch unseren Artikel Coronavirus in der Supply Chain – nach der Krise ist vor der Krise.
Das Thema gehört regelmässig auf die Traktandenliste im Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung und ist Teil der Corporate Governance und der Sorgfaltspflicht. Angesichts der weiter andauernden und unübersichtlichen Krisensituation ist der Verwaltungsrat infolge seiner Pflicht zur Oberaufsicht gut beraten, sich ein genaues Bild vom Risikomanagement der Geschäftsleitung zu verschaffen. Dazu gehört, die Berichtspflicht an die derzeitigen Gegebenheiten zeitlich und inhaltlich anzupassen sowie sich Pläne für mögliche Szenarien und eine Risikobeurteilung vorlegen zu lassen.
Umgang mit Risiken gemäss Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance Der Verwaltungsrat sorgt für ein dem Unternehmen angepasstes internes Kontrollsystem und Risikomanagement.
Ass. iur. Thorsten Vogl Associate
Beat K. Schlumpf CEO
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